Hast Du etwas Spannendes beobachtet?
Sende uns ein Bild oder Video! Bild hochladen
Sonntag, 22. Mai 2022
Sende uns ein Bild oder Video! Bild hochladen
Die Vereinigten Staaten sind nicht bloss ein Mitglied der Nato – sie sind eigentlich die Nato. Die USA haben in der Vergangenheit die Kriege für die Nato praktisch alleine geführt. Die übrigen Nato-Staaten sind militärisch vergleichsweise... weiterlesen
Unsichere Passwörter, alte Betriebssysteme, gefälschte Mails: Schlupflöcher für Hacker gibt es viele. Doch mit ein paar Tricks kann man sich gut schützen. weiterlesen
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Es ist dunkel, Sie sitzen auf dem Sofa, das Licht ist gedimmt. Manch einer dürfte und könnte hier von romantischer Stimmung reden. So jedenfalls sieht es neulich bei mir im Wohnzimmer aus. Ich bin hier,.. weiterlesen
Kino: «Les Choses Humaines – Menschliche Dinge» Fernsehjournalist Jean (Pierre Arditi) und die engagierte Feministin Claire Farel (Charlotte Gainsbourg) sind zwar geschieden, dennoch eint sie ihr Stolz und ihre Liebe zu ihrem Sohn Alexandre... weiterlesen
Das Motto des Verpackungskönigs: „We dress to impress“. Beeindrucken will Daniel Model auch mit „Avalon“. z.V.g
Vor 10 Jahren hat der Thurgauer Industrielle Daniel Model seinen Traum vom eigenen Staat Realität werden lassen: «Avalon». Mit eigenen Gesetzen und eigenem Gerichtshof. Das hat dem Staatengründer allerdings Häme und auch juristische Händel eingebracht.
Von Roland Schäfli
Müllheim - In Österreich standen vergangene Woche acht Personen vor Gericht, die zum «International Common Law Court of Justice Vienna» (ICCJV) gehören, einem fiktiven Gerichtshof, der seine eigenen Ordnungshüter beschäftigt. Mehrere dieser «Sheriffs»müssen sich wegen Nötigung verantworten. Der Prozess vom Mittwoch wurde vertagt. Der ICCVJ hat seinen Sitz in der Schweiz: in Müllheim. Genauer: im Modelhof, dem steinernen Prachtsbau von Daniel Model. Von dort aus sucht er nach Alternativen zum «staatlichen Gewalts- und Rechtemonopol».
Die Modelgroup ist eine Thurgauer Erfolgsgeschichte. Als führender Hersteller von Verpackungen erwirtschaftete sie 2016 einen Verkaufserlös von 874 Millionen Franken, investierte 88 Millionen, beschäftigte über 4000 Mitarbeiter. Als Holding ist die «Model» zu 100% in Familienbesitz. Und Daniel Model ist ihr Chairman. Das ist ihm nicht genug. Er ist mit der Schweiz unzufrieden – notabene mit allen Staaten westlicher Prägung, die «durch ihre Machtfülle moralisch und materiell korrumpiert sind». Model übt Kritik am Staat, weil aus seiner Sicht der ursprüngliche Beschützer des Privateigentums zu seinem Enteigner wurde. Darum gründet er den Staat im Staat. Von Müllheim aus hat er den ICCJV mitinitiiert. Seinen eigenen Wohnsitz hat er nach Liechtenstein verlegt, wo er pauschal besteuert wird. Models Vermögen wird auf zwischen 200 bis 300 Millionen Franken geschätzt.
Nach eigenen Aussagen ist Model nicht in die Aktivitäten verwickelt, die in Österreich zur Anklage der ICCVJ-Mitwirkenden führten. Von einer Anzeige bei der Thurgauer Staatsanwaltschaft will der Unternehmer nichts wissen: Weder sei er von offizieller Seite kontaktiert worden, noch sei ihm der angebliche Kläger in Österreich bekannt. Model selbst muss sich die Frage stellen, ob die Negativschlagzeilen um seinen Zwergstaat nicht irgendwann einen Schatten auf das reale Model-Imperium werfen könnten.
Herr Model, Sie haben 2006 den eigenen Staat ausgerufen, Avalon. Ihr Fazit nach diesen rund 10 Jahren?
Das Interesse an meinem Versuch, aus der Misstrauens-, Zwangs- und Enteignungskultur des fortwährend wachsenden Staates einen eigenen Entwicklungsgang des Schaffens und Verstehens zu gehen, ist nach wie vor ungebrochen.
Sie suchen damit nach dem Modell einer neuen, faireren Gesellschaft. Was machen bestehende Staaten in ihren Augen grundsätzlich falsch, was in Avalon richtig gemacht wird?
Den Begriff der fairen Gesellschaft können Sie eher in einem Pateiprogramm finden, als bei mir. Ich spreche von einem sozialen Organismus, der aus freiwilligen Mitgliedern besteht, in welchem jeder macht, was er kann und einen Beitrag zum Ganzen leistet. Dies kann z.B. ein Unternehmen sein, das auf dem freien Markt agiert und durch laufende Wertschöpfung die Lebensgrundlage seiner Mitglieder schafft. Die Staaten westlicher Prägung sind durch ihre Machtfülle moralisch und materiell korrumpiert; das war schon immer die unschöne Wirkung exzessiver Macht. Eines der vielen Erscheinungen dieser Degeneration ist seine Wandlung vom ursprünglichen Beschützer des Privateigentums des Bürgers zu seinem Enteigner. Der Gewinner des Umverteilungsstaates ist wiederum der Staat, der mit seinen Bürokraten, die neue, erstaunlich verhüllte, Herrscherelite stellt. Was als Bruchteil für die sogenannt Schwächeren wie Junge, Alte, Arbeitslose, Frauen, Kranke, Alleinerziehende, Bauern, Kulturschaffende usw. übrig bleibt, verführt zu einem Leben auf Kosten anderer und zu Abhängigkeit von eben diesem Staat, der die wahren Gebenden anonymisiert und an ihre Stelle tritt; er schafft so die grosse Illusion, der Heilsbringer zu sein.
Stichwort Bürokratie: Wo, wenn Sie einen konkreten Fall im Kanton Thurgau nennen könnten, müsste die Bürokratie am dringendsten reduziert werden, weil sie unüberschaubare Ausmasse angenommen hat? Wo haben Sie auch in Ihrer Rolle als Unternehmer den Eindruck, die Bürokratie behindere die wirtschaftlichen Möglichkeiten, wie Sie sie sich wünschen, aus eigener Kraft für ein Auskommen zu sorgen?
Es ist überall der Fall, wobei das Kantonsspezifische schwindet, weil der ursprünglich föderative Staatsaufbau mit der Gemeindeautonomie als einer der Eckpfeiler einer Hierarchie von oben (Bund) nach unten (Gemeinde) gewichen ist. Die auf die ganze Schweiz bezogenen Regulierungskosten belaufen sich gemäss einer Studie von KPMG auf über 60 Milliarden Franken pro Jahr. Das Bauen wird in rund 140‘000 Artikeln geregelt, was jährliche Mehrkosten von 1.6 Milliarden Franken verursacht und das Umweltrecht mit 4000 Seiten bringt Mehraufwand von 1.8 Milliarden Franken pro Jahr. So nahm auch die Anzahl der Anwälte in den letzten 10 Jahren um 30% zu und die Anzahl der Rechtsfälle mit der Folge überlasteter Gerichte und jahrelang pendenter Fälle. Auch das Arbeitsrecht ist so umfangreich, dass man es nicht mehr kennen kann. Der Richter entscheidet nun, was in einem Arbeitszeugnis stehen darf und was nicht, womit es wertlos wird und die damit verbundene, disziplinierende Wirkung verloren geht. Das Steuerrecht ist ebenfalls kompliziert und auch mit teuren Steuerberatern nur schwer zu durchblicken. Für den Unternehmer ist die Vermögenssteuer besonders bitter, weil sein Unternehmen mit Menschen aus Fleisch und Blut in einen Geldwert umgewandelt wird, von welchem dann ein Prozentsatz als Vermögenssteuer abzuliefern ist. was nur mit einem erhöhten Einkommen zu finanzieren ist, welches ebenfalls als solches zusätzlich zu versteuern ist. Es ist nachvollziehbar, wie ein solcher Unsinn zustande kommt: Während der entsprechenden Debatte im Parlament wird nur von diesen Beträgen gesprochen bis Wert und Geld verwechselt werden und eine Mehrheit findet, dass es zumutbar sei, nur ein Prozent davon jedes Jahr - natürlich in Geld-Form - wegzunehmen.
Stichwort Sozialstaat: Wo müsste die Schweiz - und im Besonderen der Thurgau - dafür sorgen, dass diese Abhängigkeit vom Staat eher wieder ab- als zunimmt?
Die obligatorische Krankenversicherung z.B. plagt so viele, weil hier die Utopisten besonders intensiv wirken: Sie subventionieren das Kranksein und zwingen die Gesunden zur Finanzierung der Kranken, was dann Solidarität genannt wird. Die Zunahme der Krankenstände und die permanente Kostensteigerung sind im System eingebaut, obwohl das Gegenteil bei der Einführung der Zwangsversicherung behauptet wurde. Es werden aber auch die Versicherungsprämien selbst subventioniert (im Thurgau ca. ein Drittel aller Versicherten), was eine zusätzliche Förderung des Phänomens ‚Krankheit‘ darstellt. Die steigenden Kosten versucht man in den Griff zu bekommen, indem jeder ärztliche Handgriff mit einem standardisierten Kostensatz versehen wird, bis die Ärzte zu automatenhaften Staatsangestellten verkommen und nicht nur die Kosten steigen, sondern auch die Qualität sinkt. Es ist faszinierend, mit welcher Vehemenz diese realitätsfremden Zwangsversicherer die Krankheit als Haupttodesursache zu eliminieren versuchen und die Raucher mit Todesdrohungen und hässlichen Bildern vom Rauchen abhalten wollen. Hinter diesem scheinbar gut gemeinten Vorhaben verbirgt sich eine besonders subtile Form der Lebensfeindlichkeit. Die Angst vor dem Tod ist Ausdruck für die Angst vor dem Leben. Beide Ängste schaukeln sich hoch mit der u.a. sich häufenden Folge von Depression und Burn-Out. So wie der Sozialstaat seine eigenen Sozialfälle aus sich selbst erzeugt, erzeugt der realitätsfremde Krankenversicherungszwang seine eigenen, neuen Krankheiten. Die in der Politik herrschenden Utopisten verführen ausgerechnet die Schwächeren in die bequeme Opferrolle, aus der es kein Entrinnen mehr gibt, glauben aber von sich selbst, besonders sozial zu sein. Der wirklich soziale Mensch masst sich nicht an, den Anderen aus seiner Verantwortung, für seine eigene Lebensexistenz und seine eigene Gesundheit entlassen zu wollen. Vielmehr bringt er sich selbst zuerst in die Lage, helfen zu können und hilft dann direkt von Mensch zu Mensch und nicht auf Kosten anderer.
Hat denn Ihre Staatsausrufung auch die Diskussionen in Gang gebracht, die Sie sich erhofften, oder wird Avalon mehrheitlich als Hirngespinst abgetan?
Offensichtlich ist das Gespräch im Gang. Avalon ist das keltische Wort für Apfelgarten und steht als Synonym für Menschen, die sich vom Baum der Erkenntnis ernähren wollen, auch wenn sie dann aus dem Paradies verstossen werden. Dies ist nicht ein Hirngespinst, sondern Menschheitsschicksal.
Sie sind Industrieller und Utopist. Stört Sie die Bezeichnung des „Staatsverweigerers“?
Nein, ich bin gerade kein Utopist, sondern Forscher an der Realität, der zu verstehen versucht, warum ist, was ist. Diese Forschung ist wichtig, um als Unternehmer gute Entscheidungen zu fällen, Probleme zu lösen, Menschenkenntnis zu entwickeln, neue Chancen zu entdecken und Risiken nüchtern einzuschätzen. Das Nichterkennen der Wirklichkeit bzw. der Mangel an Bewusstsein führt immer auch zu Schäden im Ökonomischen und Sozialen. Bestimmt bin ich kein Staatsgläubiger; dieser trägt zur grössten Utopie- und Illusionsproduktion der Gegenwart bei. Im Mittelalter begann zum Zeitpunkt der Kulmination der Kirchenmacht, genährt durch die Gläubigen, der Ablasshandel und die menschenquälende Inquisition – eine giftige Mischung aus der Illusion, sich freikaufen zu können, in Verbindung mit der bedrohlichen Utopie des Fegefeuers. In der Gegenwart akkumuliert der Staat eine analoge Machtfülle, genährt von Illusionen bezüglich der heilsbringenden Wirkung seiner Regulierungsanmassungen, Gesetzeszwängen und Transferzahlungen, verbunden mit der Utopie, dass alle Menschen gleich seien. Es ist durchaus sinnvoll, darauf hinzuweisen, dass erschreckende Parallelen zu jener Epoche bestehen und dass es der Dummheit (und allenfalls anderen Untugenden) geschuldet wäre, wenn sich jene Tragödie in einer andersartigen Gleichheit wiederholen müsste.
Sie sind einer der Mitgründer des Gerichtshofs International Common Law Court of Justice Vienna (ICCJV). Inwiefern wirkt sich diese Beteiligung auf den Geschäftsgang der Model Group aus, respektive auf Ihre Kundenbeziehungen, falls überhaupt: Gibt es Kunden, von denen Sie Zuspruch erhalten, und gibt es Kunden, die aufgrund dessen auf eine Geschäftsbeziehung verzichten, respektive diese abgebrochen haben?
Der ICCJV ist ein internationaler Gerichtshof, der auf Naturrecht, Menschenrecht, Völkerrecht und allgemeingültiger Rechtsprechung basiert. Er hat damit Gutes im Sinn und ist deshalb der Internationalen Völker- und Staatengemeinschaft bekanntgegeben worden. Als völkerrechtliche Entität beginnt nun der Akkreditierungsprozess.
Die Marktleistung der Model Gruppe besteht in innovativen und effizient hergestellten Verpackungen aus Voll- und Wellkarton, begleitet von einem umfassenden Dienstleistungspaket – daran arbeiten wir jeden Tag und daran sind auch unsere Kunden interessiert.
Wissen Sie von Fällen, wo Kunden aufgrund Ihres Engagements auf Produkte und Dienstleistungen der Model Group verzichtet haben, und wie gehen Sie dann damit um? Ist es für Sie persönlich möglich, den Unternehmer Daniel Model vom Avalon-Gründer Daniel Model zu trennen und fällt das anderen allenfalls schwer?
Mir ist kein Fall bekannt. Eine Trennung ist nicht nötig; auf der Grundlage des oben beschriebenen Apfelgartens dienen unbefangenes Wahrnehmen und freies Denken der Erkenntnis. Denken wirkt zusammenhangstiftend und nicht trennend, weshalb der Modelhof auch Schulungs- und Tagungszentrum für die Model-Gruppe ist.
Wie stehen Sie selbst zu den erhobenen Vorwürfen von u. a. auch Mitarbeitern des ICCJV bezüglich Nötigung, Amtsmissbrauch und beharrlicher Verfolgung? Haben Sie sich mit dem Fall beschäftigt?
Ich weiss nur, dass mehrere österreichische Staatsbürger, darunter auch Mitarbeiter des ICCJV, sich schützend vor eine Frau gestellt haben, die hätte bevormundet werden sollen (und es heute wahrscheinlich auch ist). Der Staat hat darauf mit Hausdurchsuchungen und Konfiskationen durch Spezialeinheiten der Polizei reagiert.
Die Organisation des ICCJV hat lediglich Gastrecht im Modelhof. Würde sie bei einer Verurteilung dieses Gastrecht verlieren?
Der Staat ist hier Partei und entscheidet in eigener Sache, ist also befangen. Die Gewaltenteilung ist eine Idee, die in der Praxis nicht wirklich realisiert werden konnte. Staatsanwalt und Richter erhalten ihre Bezahlung von derselben Institution. An die Bürger sind markant höhere Anforderungen in Sachen Unabhängigkeit gestellt. Durch die Schaffung von zwei Rechtssystemen, dem öffentlichen und dem privaten, verfügt der Staat über sein eigenes Recht, welches in der Abwägung der Interessen der Öffentlichkeit gegen die Interessen des Einzelnen a priori die besseren Karten hat. Als Hausherr im Modelhof behalte ich aber jederzeit die Möglichkeit, über das Gastrecht zu entscheiden.
Gegen Sie selbst wurde eine Anklage wegen Nötigung erhoben, die bei der Staatsanwaltschaft Thurgau abgeklärt wird. Wie widerlegen Sie dies?
Von dieser Anklage habe ich bereits zwei Mal in der Thurgauer Zeitung gelesen, ohne von irgendeiner Seite in dieser Sache kontaktiert worden zu sein. Auch der dort genannte angebliche Ankläger aus Österreich ist mir nicht bekannt. Offenbar erhält die Zeitung von verschiedenen Seiten Informationen, um dann in diffuser Weise Anrüchigkeit zu suggerieren. Eigentlich gilt die Unschuldsvermutung für Angeklagte, hier soll bereits eine angebliche Anklageeinreichung Schuld suggerieren. Der ICCJV ist dabei mit anderen Gruppierungen in einen Topf geworfen worden, damit
dann darüber eine braune Sauce gegossen werden kann, um das beabsichtigte, unappetitliche Gericht servieren zu können. Vermischt ist das Ganze mit dem üblich gewordenen Reflex, Kritiker des Sozialstaats als unsozial und anderweitig anrüchig zu brandmarken. Es ist leider eine allzu oft erfolgreiche Strategie, die sich auch in Form der ‚political correctness‘ zeigt, die einen Gesinnungspfad vorgibt, dessen Verlassen sofort geahndet werden muss und viele Menschen zum Rückzug ins Private veranlasst. Eine derart unseriöse Berichterstattung über den ICCJV und einen Warner vor der staatlichen Machtfülle ist auch Ergebnis einer Allianz zwischen den zwei Machtblöcken Medien (die sog. 4. Macht im Staat) und der öffentlichen Hand. Jedenfalls lässt die staatliche Medienförderung, die im Rahmen der aktuellen Service-Public- Debatte als so wichtig für einen „unabhängigen“ Journalismus propagiert wird, diesbezüglich Schlimmes erkennen.
Interview: Roland Schäfli
Das Motto des Verpackungskönigs: „We dress to impress“. Beeindrucken will Daniel Model auch mit „Avalon“. z.V.g
Vor 10 Jahren hat der Thurgauer Industrielle Daniel Model seinen Traum vom eigenen Staat Realität werden lassen: «Avalon». Mit eigenen Gesetzen und eigenem Gerichtshof. Das hat dem Staatengründer allerdings Häme und auch juristische Händel eingebracht.
Von Roland Schäfli
Müllheim - In Österreich standen vergangene Woche acht Personen vor Gericht, die zum «International Common Law Court of Justice Vienna» (ICCJV) gehören, einem fiktiven Gerichtshof, der seine eigenen Ordnungshüter beschäftigt. Mehrere dieser «Sheriffs»müssen sich wegen Nötigung verantworten. Der Prozess vom Mittwoch wurde vertagt. Der ICCVJ hat seinen Sitz in der Schweiz: in Müllheim. Genauer: im Modelhof, dem steinernen Prachtsbau von Daniel Model. Von dort aus sucht er nach Alternativen zum «staatlichen Gewalts- und Rechtemonopol».
Die Modelgroup ist eine Thurgauer Erfolgsgeschichte. Als führender Hersteller von Verpackungen erwirtschaftete sie 2016 einen Verkaufserlös von 874 Millionen Franken, investierte 88 Millionen, beschäftigte über 4000 Mitarbeiter. Als Holding ist die «Model» zu 100% in Familienbesitz. Und Daniel Model ist ihr Chairman. Das ist ihm nicht genug. Er ist mit der Schweiz unzufrieden – notabene mit allen Staaten westlicher Prägung, die «durch ihre Machtfülle moralisch und materiell korrumpiert sind». Model übt Kritik am Staat, weil aus seiner Sicht der ursprüngliche Beschützer des Privateigentums zu seinem Enteigner wurde. Darum gründet er den Staat im Staat. Von Müllheim aus hat er den ICCJV mitinitiiert. Seinen eigenen Wohnsitz hat er nach Liechtenstein verlegt, wo er pauschal besteuert wird. Models Vermögen wird auf zwischen 200 bis 300 Millionen Franken geschätzt.
Nach eigenen Aussagen ist Model nicht in die Aktivitäten verwickelt, die in Österreich zur Anklage der ICCVJ-Mitwirkenden führten. Von einer Anzeige bei der Thurgauer Staatsanwaltschaft will der Unternehmer nichts wissen: Weder sei er von offizieller Seite kontaktiert worden, noch sei ihm der angebliche Kläger in Österreich bekannt. Model selbst muss sich die Frage stellen, ob die Negativschlagzeilen um seinen Zwergstaat nicht irgendwann einen Schatten auf das reale Model-Imperium werfen könnten.
Herr Model, Sie haben 2006 den eigenen Staat ausgerufen, Avalon. Ihr Fazit nach diesen rund 10 Jahren?
Das Interesse an meinem Versuch, aus der Misstrauens-, Zwangs- und Enteignungskultur des fortwährend wachsenden Staates einen eigenen Entwicklungsgang des Schaffens und Verstehens zu gehen, ist nach wie vor ungebrochen.
Sie suchen damit nach dem Modell einer neuen, faireren Gesellschaft. Was machen bestehende Staaten in ihren Augen grundsätzlich falsch, was in Avalon richtig gemacht wird?
Den Begriff der fairen Gesellschaft können Sie eher in einem Pateiprogramm finden, als bei mir. Ich spreche von einem sozialen Organismus, der aus freiwilligen Mitgliedern besteht, in welchem jeder macht, was er kann und einen Beitrag zum Ganzen leistet. Dies kann z.B. ein Unternehmen sein, das auf dem freien Markt agiert und durch laufende Wertschöpfung die Lebensgrundlage seiner Mitglieder schafft. Die Staaten westlicher Prägung sind durch ihre Machtfülle moralisch und materiell korrumpiert; das war schon immer die unschöne Wirkung exzessiver Macht. Eines der vielen Erscheinungen dieser Degeneration ist seine Wandlung vom ursprünglichen Beschützer des Privateigentums des Bürgers zu seinem Enteigner. Der Gewinner des Umverteilungsstaates ist wiederum der Staat, der mit seinen Bürokraten, die neue, erstaunlich verhüllte, Herrscherelite stellt. Was als Bruchteil für die sogenannt Schwächeren wie Junge, Alte, Arbeitslose, Frauen, Kranke, Alleinerziehende, Bauern, Kulturschaffende usw. übrig bleibt, verführt zu einem Leben auf Kosten anderer und zu Abhängigkeit von eben diesem Staat, der die wahren Gebenden anonymisiert und an ihre Stelle tritt; er schafft so die grosse Illusion, der Heilsbringer zu sein.
Stichwort Bürokratie: Wo, wenn Sie einen konkreten Fall im Kanton Thurgau nennen könnten, müsste die Bürokratie am dringendsten reduziert werden, weil sie unüberschaubare Ausmasse angenommen hat? Wo haben Sie auch in Ihrer Rolle als Unternehmer den Eindruck, die Bürokratie behindere die wirtschaftlichen Möglichkeiten, wie Sie sie sich wünschen, aus eigener Kraft für ein Auskommen zu sorgen?
Es ist überall der Fall, wobei das Kantonsspezifische schwindet, weil der ursprünglich föderative Staatsaufbau mit der Gemeindeautonomie als einer der Eckpfeiler einer Hierarchie von oben (Bund) nach unten (Gemeinde) gewichen ist. Die auf die ganze Schweiz bezogenen Regulierungskosten belaufen sich gemäss einer Studie von KPMG auf über 60 Milliarden Franken pro Jahr. Das Bauen wird in rund 140‘000 Artikeln geregelt, was jährliche Mehrkosten von 1.6 Milliarden Franken verursacht und das Umweltrecht mit 4000 Seiten bringt Mehraufwand von 1.8 Milliarden Franken pro Jahr. So nahm auch die Anzahl der Anwälte in den letzten 10 Jahren um 30% zu und die Anzahl der Rechtsfälle mit der Folge überlasteter Gerichte und jahrelang pendenter Fälle. Auch das Arbeitsrecht ist so umfangreich, dass man es nicht mehr kennen kann. Der Richter entscheidet nun, was in einem Arbeitszeugnis stehen darf und was nicht, womit es wertlos wird und die damit verbundene, disziplinierende Wirkung verloren geht. Das Steuerrecht ist ebenfalls kompliziert und auch mit teuren Steuerberatern nur schwer zu durchblicken. Für den Unternehmer ist die Vermögenssteuer besonders bitter, weil sein Unternehmen mit Menschen aus Fleisch und Blut in einen Geldwert umgewandelt wird, von welchem dann ein Prozentsatz als Vermögenssteuer abzuliefern ist. was nur mit einem erhöhten Einkommen zu finanzieren ist, welches ebenfalls als solches zusätzlich zu versteuern ist. Es ist nachvollziehbar, wie ein solcher Unsinn zustande kommt: Während der entsprechenden Debatte im Parlament wird nur von diesen Beträgen gesprochen bis Wert und Geld verwechselt werden und eine Mehrheit findet, dass es zumutbar sei, nur ein Prozent davon jedes Jahr - natürlich in Geld-Form - wegzunehmen.
Stichwort Sozialstaat: Wo müsste die Schweiz - und im Besonderen der Thurgau - dafür sorgen, dass diese Abhängigkeit vom Staat eher wieder ab- als zunimmt?
Die obligatorische Krankenversicherung z.B. plagt so viele, weil hier die Utopisten besonders intensiv wirken: Sie subventionieren das Kranksein und zwingen die Gesunden zur Finanzierung der Kranken, was dann Solidarität genannt wird. Die Zunahme der Krankenstände und die permanente Kostensteigerung sind im System eingebaut, obwohl das Gegenteil bei der Einführung der Zwangsversicherung behauptet wurde. Es werden aber auch die Versicherungsprämien selbst subventioniert (im Thurgau ca. ein Drittel aller Versicherten), was eine zusätzliche Förderung des Phänomens ‚Krankheit‘ darstellt. Die steigenden Kosten versucht man in den Griff zu bekommen, indem jeder ärztliche Handgriff mit einem standardisierten Kostensatz versehen wird, bis die Ärzte zu automatenhaften Staatsangestellten verkommen und nicht nur die Kosten steigen, sondern auch die Qualität sinkt. Es ist faszinierend, mit welcher Vehemenz diese realitätsfremden Zwangsversicherer die Krankheit als Haupttodesursache zu eliminieren versuchen und die Raucher mit Todesdrohungen und hässlichen Bildern vom Rauchen abhalten wollen. Hinter diesem scheinbar gut gemeinten Vorhaben verbirgt sich eine besonders subtile Form der Lebensfeindlichkeit. Die Angst vor dem Tod ist Ausdruck für die Angst vor dem Leben. Beide Ängste schaukeln sich hoch mit der u.a. sich häufenden Folge von Depression und Burn-Out. So wie der Sozialstaat seine eigenen Sozialfälle aus sich selbst erzeugt, erzeugt der realitätsfremde Krankenversicherungszwang seine eigenen, neuen Krankheiten. Die in der Politik herrschenden Utopisten verführen ausgerechnet die Schwächeren in die bequeme Opferrolle, aus der es kein Entrinnen mehr gibt, glauben aber von sich selbst, besonders sozial zu sein. Der wirklich soziale Mensch masst sich nicht an, den Anderen aus seiner Verantwortung, für seine eigene Lebensexistenz und seine eigene Gesundheit entlassen zu wollen. Vielmehr bringt er sich selbst zuerst in die Lage, helfen zu können und hilft dann direkt von Mensch zu Mensch und nicht auf Kosten anderer.
Hat denn Ihre Staatsausrufung auch die Diskussionen in Gang gebracht, die Sie sich erhofften, oder wird Avalon mehrheitlich als Hirngespinst abgetan?
Offensichtlich ist das Gespräch im Gang. Avalon ist das keltische Wort für Apfelgarten und steht als Synonym für Menschen, die sich vom Baum der Erkenntnis ernähren wollen, auch wenn sie dann aus dem Paradies verstossen werden. Dies ist nicht ein Hirngespinst, sondern Menschheitsschicksal.
Sie sind Industrieller und Utopist. Stört Sie die Bezeichnung des „Staatsverweigerers“?
Nein, ich bin gerade kein Utopist, sondern Forscher an der Realität, der zu verstehen versucht, warum ist, was ist. Diese Forschung ist wichtig, um als Unternehmer gute Entscheidungen zu fällen, Probleme zu lösen, Menschenkenntnis zu entwickeln, neue Chancen zu entdecken und Risiken nüchtern einzuschätzen. Das Nichterkennen der Wirklichkeit bzw. der Mangel an Bewusstsein führt immer auch zu Schäden im Ökonomischen und Sozialen. Bestimmt bin ich kein Staatsgläubiger; dieser trägt zur grössten Utopie- und Illusionsproduktion der Gegenwart bei. Im Mittelalter begann zum Zeitpunkt der Kulmination der Kirchenmacht, genährt durch die Gläubigen, der Ablasshandel und die menschenquälende Inquisition – eine giftige Mischung aus der Illusion, sich freikaufen zu können, in Verbindung mit der bedrohlichen Utopie des Fegefeuers. In der Gegenwart akkumuliert der Staat eine analoge Machtfülle, genährt von Illusionen bezüglich der heilsbringenden Wirkung seiner Regulierungsanmassungen, Gesetzeszwängen und Transferzahlungen, verbunden mit der Utopie, dass alle Menschen gleich seien. Es ist durchaus sinnvoll, darauf hinzuweisen, dass erschreckende Parallelen zu jener Epoche bestehen und dass es der Dummheit (und allenfalls anderen Untugenden) geschuldet wäre, wenn sich jene Tragödie in einer andersartigen Gleichheit wiederholen müsste.
Sie sind einer der Mitgründer des Gerichtshofs International Common Law Court of Justice Vienna (ICCJV). Inwiefern wirkt sich diese Beteiligung auf den Geschäftsgang der Model Group aus, respektive auf Ihre Kundenbeziehungen, falls überhaupt: Gibt es Kunden, von denen Sie Zuspruch erhalten, und gibt es Kunden, die aufgrund dessen auf eine Geschäftsbeziehung verzichten, respektive diese abgebrochen haben?
Der ICCJV ist ein internationaler Gerichtshof, der auf Naturrecht, Menschenrecht, Völkerrecht und allgemeingültiger Rechtsprechung basiert. Er hat damit Gutes im Sinn und ist deshalb der Internationalen Völker- und Staatengemeinschaft bekanntgegeben worden. Als völkerrechtliche Entität beginnt nun der Akkreditierungsprozess.
Die Marktleistung der Model Gruppe besteht in innovativen und effizient hergestellten Verpackungen aus Voll- und Wellkarton, begleitet von einem umfassenden Dienstleistungspaket – daran arbeiten wir jeden Tag und daran sind auch unsere Kunden interessiert.
Wissen Sie von Fällen, wo Kunden aufgrund Ihres Engagements auf Produkte und Dienstleistungen der Model Group verzichtet haben, und wie gehen Sie dann damit um? Ist es für Sie persönlich möglich, den Unternehmer Daniel Model vom Avalon-Gründer Daniel Model zu trennen und fällt das anderen allenfalls schwer?
Mir ist kein Fall bekannt. Eine Trennung ist nicht nötig; auf der Grundlage des oben beschriebenen Apfelgartens dienen unbefangenes Wahrnehmen und freies Denken der Erkenntnis. Denken wirkt zusammenhangstiftend und nicht trennend, weshalb der Modelhof auch Schulungs- und Tagungszentrum für die Model-Gruppe ist.
Wie stehen Sie selbst zu den erhobenen Vorwürfen von u. a. auch Mitarbeitern des ICCJV bezüglich Nötigung, Amtsmissbrauch und beharrlicher Verfolgung? Haben Sie sich mit dem Fall beschäftigt?
Ich weiss nur, dass mehrere österreichische Staatsbürger, darunter auch Mitarbeiter des ICCJV, sich schützend vor eine Frau gestellt haben, die hätte bevormundet werden sollen (und es heute wahrscheinlich auch ist). Der Staat hat darauf mit Hausdurchsuchungen und Konfiskationen durch Spezialeinheiten der Polizei reagiert.
Die Organisation des ICCJV hat lediglich Gastrecht im Modelhof. Würde sie bei einer Verurteilung dieses Gastrecht verlieren?
Der Staat ist hier Partei und entscheidet in eigener Sache, ist also befangen. Die Gewaltenteilung ist eine Idee, die in der Praxis nicht wirklich realisiert werden konnte. Staatsanwalt und Richter erhalten ihre Bezahlung von derselben Institution. An die Bürger sind markant höhere Anforderungen in Sachen Unabhängigkeit gestellt. Durch die Schaffung von zwei Rechtssystemen, dem öffentlichen und dem privaten, verfügt der Staat über sein eigenes Recht, welches in der Abwägung der Interessen der Öffentlichkeit gegen die Interessen des Einzelnen a priori die besseren Karten hat. Als Hausherr im Modelhof behalte ich aber jederzeit die Möglichkeit, über das Gastrecht zu entscheiden.
Gegen Sie selbst wurde eine Anklage wegen Nötigung erhoben, die bei der Staatsanwaltschaft Thurgau abgeklärt wird. Wie widerlegen Sie dies?
Von dieser Anklage habe ich bereits zwei Mal in der Thurgauer Zeitung gelesen, ohne von irgendeiner Seite in dieser Sache kontaktiert worden zu sein. Auch der dort genannte angebliche Ankläger aus Österreich ist mir nicht bekannt. Offenbar erhält die Zeitung von verschiedenen Seiten Informationen, um dann in diffuser Weise Anrüchigkeit zu suggerieren. Eigentlich gilt die Unschuldsvermutung für Angeklagte, hier soll bereits eine angebliche Anklageeinreichung Schuld suggerieren. Der ICCJV ist dabei mit anderen Gruppierungen in einen Topf geworfen worden, damit
dann darüber eine braune Sauce gegossen werden kann, um das beabsichtigte, unappetitliche Gericht servieren zu können. Vermischt ist das Ganze mit dem üblich gewordenen Reflex, Kritiker des Sozialstaats als unsozial und anderweitig anrüchig zu brandmarken. Es ist leider eine allzu oft erfolgreiche Strategie, die sich auch in Form der ‚political correctness‘ zeigt, die einen Gesinnungspfad vorgibt, dessen Verlassen sofort geahndet werden muss und viele Menschen zum Rückzug ins Private veranlasst. Eine derart unseriöse Berichterstattung über den ICCJV und einen Warner vor der staatlichen Machtfülle ist auch Ergebnis einer Allianz zwischen den zwei Machtblöcken Medien (die sog. 4. Macht im Staat) und der öffentlichen Hand. Jedenfalls lässt die staatliche Medienförderung, die im Rahmen der aktuellen Service-Public- Debatte als so wichtig für einen „unabhängigen“ Journalismus propagiert wird, diesbezüglich Schlimmes erkennen.
Interview: Roland Schäfli
Lade Fotos..