17.05.2023 12:33
Gewerbeverein Stein am Rhein bleibt in Opposition
Am gut besuchten Podium in der Mehrzweckhalle waren das umstrittene Reglement und die Schiffländi Themen
Wenig Konsens zwischen Steiner Stadtrat und Gewerbeverein: Ist dies das ernüchternde Fazit des Podiumsgesprächs vom Dienstagabend in der voll besetzten Mehrzweckhalle? Auf welcher Seite die Mehrheit der Bevölkerung steht, wird sich an der Abstimmung am 18. Juni zeigen.
Stein am Rhein Es ging um Blumentöpfe, Holzpodeste und Lebensqualität. Und um den so oft beschworenen gut-schweizerischen Kompromiss. Das rund zweieinhalbstündige Podiumsgespräch am Dienstagabend brachte diesen indes nicht zutage. Vielmehr geriet die Veranstaltung zur «Kropfleerete», vor allem bei den Kritikern der Stadtregierung. Dem Gewerbe und den Gastronomen wird hingegen vorgeworfen, zu wenig kompromissbereit zu sein. Was diese weit von sich weisen. Schon rein optisch standen sich die beiden Diskussionsgruppen durchgängig gegenüber: Der Stadtrat auf der linken Seite mit Werkreferentin Irene Gruhler Heinzer, Baureferent Christian Gemperle und dem Architekten Leo Graf als Fachmann, der Gewerbeverein auf der rechten Seite mit Präsident Nino Alibrando und den Vorstandsmitgliedern Urs Metzger und Rafael Aragon.
Reglement statt «Dschungel»
Inhaltlich wichen beide Seiten von ihren Standpunkten nicht ab: Der Stadtrat möchte das neue «Reglement Nutzung öffentlicher Raum» einführen, da es, wie Werkreferentin Gruhler Heinzer betonte, einen bislang geltenden veralteten «Reglements-Dschungel» ersetzt. Es vereinfacht in ihren Augen die Bewilligungen, es sei liberaler als die aktuell geltenden (jedoch nicht konsequent kontrollierten) Vorschriften, es sei gewerbefreundlich, weniger einschränkend und transparenter. Der Gewerbeverein sieht das ganz anders. Von zu engen Leitplanken sprach Nino Alibrando, kritisierte die Trennung von Reglement und Verordnung als undemokratisch und befürchtete Willkür. «Stimmen Sie nein», bat er die Anwesenden. Seiner Meinung nach konnte das Gewerbe bei der Verordnung zu wenig mitreden. Werkreferentin Gruhler Heinzer hingegen stellte klar, dass es eine Vernehmlassung gegeben hat. Seit mehreren Jahren werde an der Revision geschafft.
Auch beim zweiten Thema des Abends bekräftigten zwar beide Seite den Willen nach einer schönen Schiffländi. Doch hinsichtlich des grossen Streitpunktes keine Annäherung. Die Pläne für die Neugestaltung bleiben in den Augen des Stadtrats weiterhin der grosse Wurf, eine Chance, die es zu packen gilt. Auch wenn Baureferent Gemperle einer direkten Frage danach auswich: Vom Konzept, die Bewirtung der Gäste von den Häuserfassaden in die Mitte der Schiffländi zu verlegen, will der Stadtrat nicht abrücken. Dies wollen die Gastronomen allerdings nicht schlucken. «Ohne Holzpodeste geht es nicht», sagte Rafael Aragon klipp und klar.
Misstrauische Stimmung
Das Publikum in der Mehrzweckhalle schien zu einem grösseren Teil aufseiten des Gewerbevereins zu stehen. Jedenfalls wenn man die Lautstärke des Applauses als Massstab nimmt. Den erhielt beispielsweise Gastronom Maurice Schaffner vom Schiff. Die Visualisierungen der neuen Schiffländi gaukelten eine falsche Wirklichkeit vor, kritisierte er. Es handele sich um eine vollkommene Fehlplanung, die der Stadtrat trotz massivem Widerstand einfach durchboxen wolle. Als «hirnrissig», gerade auch in puncto Sicherheit, geisselte Oligo Emma Kern die Idee, Stühle und Tische in der Mitte der Schiffländi aufzubauen. «Was ist bei einem Sturm?», fragte sie.
Mehrfach wurden aber auch die Gewerbler kritisiert. Zum Beispiel als Entwicklungsverhinderer. Es dürfe im Städtli nicht immer nur um deren Interessen gehen, sagt ein Mann. Wenn ihr mehr mitreden wollt, dann lasst euch doch für den Einwohnerrat aufstellen, empfahl ein anderer. Früher habe es im Parlament mehr Unternehmer gehabt. Mit einer energischen Rede warb Stadtpräsidentin Corinne Ullmann zum Schluss noch für das Reglement: «Ich stehe zu 100 Prozent dahinter. Bitte lesen Sie es sich genau durch. Es wird nicht restriktiver, glauben Sie mir.»
Von Stefan Böker
So geht es weiter
Über das «Reglement Nutzung öffentlicher Raum» und die dazugehörige Verordnung stimmen die Steiner Stimmberechtigten am Sonntag, 18. Juni ab. Alle Informationen und Unterlagen auf der Homepage der Stadt. An den Plänen für die Neugestaltung der Schiffländi wird weiter gearbeitet. Der Souverän soll das letzte Wort im März 2024 haben. Alle Unterlagen ebenfalls online.