Erfolgreicher Flüchtlingstag im Kult-X
Zur gleichen Zeit, als Delegationen aus der ganzen Welt auf dem Bürgenstock zur Ukraine-Konferenz anreisten, trafen sich im Kult-X zahlreiche Interessierte zum Thurgauer Flüchtlingstag.
Interview mit Julia Boiko und Nikita Kazanysev. zVg
Zur gleichen Zeit, als Delegationen aus der ganzen Welt auf dem Bürgenstock zur Ukraine-Konferenz anreisten, trafen sich im Kult-X zahlreiche Interessierte zum Thurgauer Flüchtlingstag.
Kreuzlingen Der Anlass wird seit etlichen Jahren von AGATHU (Arbeitsgruppe Asylsuchende Thurgau) und dem Filmforum Kreuzlingen und Konstanz gemeinsam gestaltet. Der frisch gewählte AGATHU-Präsident Daniel Klein hiess die Gäste willkommen. Die Glückwünsche der Stadt Kreuzlingen überbrachte Zeljka Blank. Die stätische Integrationsdelegierte dankte den Freiwilligen für ihre praktische Hilfe, die gerade in Zeiten grosser Herausforderungen besonders wichtig sei. Sie ist überzeugt, dass Berichte über individuelle Schicksale das Mitgefühl fördern.
In ihrem Referat berichtete Nationalrätin Nina Schläfli über den «Schutzstatus S». Er entstand 1998 als Reaktion auf die Balkankrise und wurde im Zusammenhang mit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine erstmals aktiviert. Der Schutzstatus S ermöglicht unter anderem den sofortigen Zutritt zum Arbeitsmarkt. In Kreuzlingen ist der Anteil an erwerbstätigen Geflüchteten mit zirka 40 Prozent überdurchschnittlich hoch. Die Referentin gab einen Überblick über aktuelle Herausforderungen und kontrovers geführte Debatten.
In einem Interview, geführt durch Hanspeter Rissi, der unter anderem als Seelsorger im Bundesasylzentrum Kreuzlingen tätig ist, zeigten sich zwei ukrainische Geflüchtete erfreut über die integrationsfördernden Regelungen des Schutzstatus S: Die Lehrerin Julia Boiko mit zwei schulpflichtigen Kindern und der leidenschaftliche Hockey-Spieler Nikita Kazanysev, der die Sportschule Kreuzlingen, Talent Campus, besucht und gerne Sportlehrer werden möchte. Beide Geflüchtete hatten den russischem Überfall hautnah erlebt. Sie machen sich grosse Sorgen um ihre Familien und ihre Landsleute, die überall mit Angriffen rechnen müssen. Sie sind daher froh um jedes Engagement auf dem Weg zum Frieden. Auch wenn er nach der Bürgenstock-Konferenz noch nicht in Griffnähe scheint.
Ukrainerinnen bereiteten liebevoll einen Apéro mit Spezialitäten aus ihrer Heimat vor. Während des Apéro erzählte Lehrerin Julia von ihrem ehrenamtlichen Engagement für die «ukrainische Schule» für Kinder aus Kreuzlingen und Umgebung. Zweimal in der Woche werden die ukrainischen Kinder in ihrer Muttersprache unterrichtet, unter anderem um den Aufbau der deutschen Sprache und das Gastland mit seinem unterschiedlichen Schulsystem besser zu verstehen. Nicht zuletzt geht es auch darum, die Wurzeln zum Heimatland zu erhalten.
Der Film «Die Anhörung» beschloss den Flüchtlingstag. Er zeigt die Befragungen von vier Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, die im traditionellen Asylverfahren ihre Fluchtgründe glaubhaft erzählen müssen. Das Nachhaken der Untersuchenden, selbst in intimen Bereichen, wirkt beklemmend. Die geniale Idee der Regisseurin, die Rollen zu tauschen, die Befragung der Interviewerinnen und Interviewern durch die Asylsuchenden, zeigt die Schwierigkeit der Wahrheitsfindung. Eindrücklich war das Interview von Elisabeth Hofmann mit zwei anerkannten Geflüchteten, welche die beklemmenden Gefühle bei den Anhörungen bestätigten, die oft von Misstrauen geprägt erschienen. Schwer zu ertragen war das – beim damaligen Verfahren – oft sehr lange, einsame Warten auf den Asylentscheid. Schade, dass die Regisseurin Lisa Gerig nicht dabei sein konnte. Die gute Betreuung in Kreuzlingen, das hat der Flüchtlingstag gezeigt, hilft den Geflüchteten ihre schwierige Situation besser zu ertragen. Die Integrationsbemühungen tragen Früchte bei der Arbeitssuche. ⋌eingesandt
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